Delivery Hero holt Foodora in Österreich zurück, Wolt kommt nach Wien

Delivery Hero holt Foodora in Österreich zurück, Wolt kommt nach Wien

Inhalt:

Zu Gunsten eines einheitlichen Auftritts in Europa gibt Delivery Hero u.a. seine etablierte Österreich-Marke Mjam auf und setzt wieder auf Foodora. Konkurrent Wolt bereitet derweil den Start an der Donau vor.

Partner:

Zumindest auf eines ist bei Berlins heimatmarktgeschäftslosem Ex-Dax-Mitglied und Lieferkoloss Delivery Hero Verlass: den strategischen Zick-Zack-Kurs (siehe Supermarktblog). Um diesem Ruf weiter gerecht zu werden, haben die Berliner:innen gerade angekündigt, ihre Strategie der Local Champions in Europa aufzugeben und sämtliche Märkte unter einer Marke zusammenzuführen. (Also: nicht ganz einer Marke: Länder, in denen das von Delivery Hero übernommene Glovo aktiv ist, bleiben unangetastet.)

Und das bedeutet: ein zumindest in einigen Ländern überraschendes Comeback für – tataaa! – Foodora.

Während die Lieferdienstmarke vor einigen Jahren aus dem deutschsprachigen Raum komplett verschwand (in Deutschland durch den Verkauf des Geschäfts an den Konkurrenten Just Eat Takeway.com; in Österreich durch die Zusammenführung mit Mjam), radelten die Rider:innen mit den Magenta-farbenen Rucksäcken in Skandinavien munter weiter (Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden).

ANZEIGE

In Deutschland hatte man zwischenzeitlich ein sehr abrupt angekündigtes und noch abrupter wieder abgebrochenes Comeback unter der Marke Foodpanda versucht, die sonst vor allem im asiatischen Raum etabliert ist. Auch in Ungarn und der Slowakei war Foodpanda aktiv.

Kehrtwende für Foodora

Andere europäische Märkte musste Foodora zu Gunsten von etablierteren Lieferdienstmarken, die ebenfalls zu Delivery Hero gehören, räumen.

Jetzt folgt die Kehrtwende: In Ungarn und der Slowakei werden die Pandas schon auf Foodora umgeleitet. In Tschechien verschwindet der Name Dáme jídlo, unter dem Delivery Hero seit 2014 aktiv ist. Und in Österreich ist die seit 2008 aktive bzw. 2021 von Delivery Hero übernommene Marke Mjam bald Geschichte – zwei Jahre, nachdem sie aufwendig relauncht wurde. Aus Grellgrün wird jetzt (wieder) Knallpink, das Logo der aktualisierten Smartphone-App führt vorübergehend beide Markennamen parallel zueinander. Sämtliche Bestellungen laufen aber ab sofort unter Foodora.

Das ist auch deshalb kurios, weil es vor fast genau vier Jahren noch genau andersherum lief: Damals ging Foodora komplett in Mjam auf, das sehr viel bekannter sei und „den fünffachen Umsatz“ mache, begründete ein Sprecher damals der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Aber im Delivery-Markt ist eben wenig für die Ewigkeit.

Die jetzige Vereinheitlichung dürfte in erster Linie darauf abzielen, Delivery Hero mittelfristig Kosten zu sparen; erst einmal wird sie aber neue produzieren, weil schon wieder der komplette Markenauftritt inklusive der Ausstattung sämtlicher Rider:innen getauscht werden muss. Bei dieser Gelegenheit modernisiert Delivery Hero auch das Foodora-Logo, das jetzt runder und fetter gesetzt ist als bisher.

Abo-Modell verspricht kostenfreie Lieferungen

Mit dem Foodora-Neustart gehen weiterer Änderungen einher:

Die Mjam Markets – Darkstores, aus denen für Kund:innen in Wien, Linz, Graz und Innsbruck Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs geliefert werden (siehe Supertmarktblog) – heißen jetzt Foodora Market („Entdecke noch mehr Vielfalt“). (Exciting Commerce hat ein Update zu den Quick-Commerce-Umsätzen von Delivery Hero.)

Außerdem ist für österreichische Kund:innen das Abo-Modell Foodora Pro gestartet, bei dem Kund:innen für monatlich 9,99 Euro 25 Prozent Rabatt bei ausgewählten Restaurants und kostenfreie Lieferungen (bis 3 Euro) erhalten, sofern sie für mindestens 15 Euro bestellen. (Foodora Pro ähnelt u.a. dem in Deutschland von Uber Eats angebotenen Abo Uber One, freilich ohne die Rabatte auf Fahrtenvermittlung.)

Das Rebranding in Pink kommt gerade noch rechtzeitig bevor auf den Straßen Wiens die ersten in hellblau gekleideten Fahrer:innen des Wettbewerbers Wolt unterwegs sind, der zum US-Delivery-Giganten Doordash gehört.

Der „Standard“ hatte zuerst über die Vorbereitungen zur Auslieferung von Restaurantessen berichtet. Bei Wolt möchte man sich auf Supermarktblog-Anfrage derzeit nicht zu einem Österreich-Start äußern.

Wolt will in Wien mitmischen

Das Unternehmen sucht neben Sales Managern für österreichische Restaurant-Partner aber auf jeden Fall auch Verantwortliche, die sich um Kooperationen mit österreichischen Handelspartnern kümmern: Wolt will ganz explizit zum Alleslieferanten werden und knüpft dafür Kooperationen mit lokalen Händlern, Bäckereien und Supermärkten, deren Waren über die Wolt-App nachhause bestellt werden können.

In Österreich war Wolt bislang noch nicht aktiv. (Ebenso wenig wie in Island, wo derzeit Rider:innen für einen Start umworben werden; heute erfolgte die Bestätigung für einen Launch im Frühjahr.)

Sollte sich die Doordash-Tochter aber etablieren können, wäre das auch aus Sicht des österreichischen Lebensmitteleinzelhandels interessant: In anderen europäischen Märkten kooperiert Wolt bereits mit Handelsketten der Rewe-Gruppe: Penny in Slowenien, Billa in der Slowakei, Bipa in Kroatien. Alle drei sind auch in Österreich aktiv, wo sich auf Anhieb ein enormes Lieferpotenzial erschließen ließe.

Rewe ist mit seinen Hauptmarken (bislang) nicht auf der Plattform von Mjam / Foodora vertreten. (Eine Ausnahme sind Billa-Now-Shops des Tankstellenpartners BP.) Marktführer Spar hält sich ebenfalls zurück und lässt Lieferando.at bislang nur fertig zubereitete „Essen“ aus eigenen Interspar-Restaurants liefern („Österreichische Küche, Schnitzel“). Der Discounter Hofer macht sein eigenes Lieferding: Über den Anbieter Roksh lassen sich online getätigte Einkäufe in Hofer-Filialen kommissionieren und am Folgetag nachhause liefern. Bis Ende April verlangen Roksh bzw. Hofer dafür keine Liefergebühren (Express-Option ausgenommen).

Was schnelle Lebensmittel-Lieferdienste angeht, ist Österreich fast schon unterversorgt: Der Quick-Commerce-Anbieter Flink hatte sein Österreich-Geschäft vor einigen Monaten in die Insolvenz geschickt; Wettbewerber Jokr ging das Geld aus; Gorillas trat gar nicht erst an.

„Innovation Hub“ wieder in Pink

Und falls Ihnen das jetzt alles noch nicht kompliziert genug ist, hab ich noch eine Bonus-Pointe parat:

Denn kurioserweise wirkt sich die Delivery-Hero-Markenvereinheitlichung auch auf den deutschen Markt aus, auf dem das Unternehmen ja gar nicht mehr aktiv ist – mit Ausnahme eines Mini-Lieferradius um die Zentrale in Berlin-Mitte, wo z.B. Lebensmittel aus einem in Eigenregie betriebenen „Innovation Hub“ bestellt werden können, um Mitarbeiter:innen zu Kernarbeitszeiten (11 bis 17.30 Uhr) neue Funktionen testen zu lassen (siehe Supermarktblog).

Aus dem ursprünglich als „Pandamart“ angelegten und dann als „Delivery Hero Innovation Hub“ umgebrandeten Darkstore gegenüber vom Berliner Tränenpalast wird nun der „Innovations Hub Dmart“ in Foodora-Pink; die als Rumpfangebot erhaltene Ex-Foodpanda-Deutschland-App ist gerade als Foodora umverkleidet worden.

Und, wetten: Irgendeine neue Volte haben die europäischen Delivery-Anbieter sicher noch in petto, um sie demnächst überraschend zünden zu können.

Mehr zum Thema:

Diesen Text teilen:
Kommentieren

Datenschutzhinweis: Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Eine Freischaltung erfolgt nur unter Angabe einer validen E-Mail-Adresse (die nicht veröffentlicht wird). Mehr Informationen.

Blog-Unterstützer:innen können sich über Steady einloggen, um Support-Hinweise und Werbung im Text auszublenden:

Archiv