Zu nervig, zu kompliziert, zu umständlich: So ruiniert der Lebensmittelhandel den Self-Checkout

Zu nervig, zu kompliziert, zu umständlich: So ruiniert der Lebensmittelhandel den Self-Checkout

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Die einen wollen sie nicht mehr missen, die anderen lehnen sie kategorisch ab: SB-Kassen in deutschen Supermärkten und Discounteren haben einen zwiespältigen Ruf. Das liegt auch daran, dass die Praxis-Umsetzung bei vielen Händlern oft nicht richtig durchdacht ist. Drei Beobachtungen aus dem SB-Kassieralltag.

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Kurz bevor der Rewe-Vorstandsvorsitzende Anfang Juli sein Bekenntnis zur SB-Kasse via dpa-Interview öffentlich machte (siehe Supermarktblog), hatte bereits der Drogerie- und Bioartikelhändler dm seine Begeisterung für die Technologie öffentlich gemacht.

Seit dem Start des Pilotbetriebs im November 2021 hätten sich die Self-Checkoutsäulen in den Filialen „zu einer beliebten Option für unsere Kundinnen und Kunden entwickelt“, postete der dm-Marketing- und Digital-Chef Mario Bertsch auf LinkedIn. Den Mitarbeiter:innen gäben sie gleichzeitig „mehr Freiraum für eine bessere Beratung, Services oder andere Tätigkeiten im Markt“.

1.000 SB-Kassen sind inzwischen in deutschen dm-Märkten in Betrieb. Bereits jeder dritte Einkauf werde über sie abgewickelt.

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Alleine im Mai 2024 wurden von den dm-Kund:innen vier Millionen Bons in Selbstbedienung generiert – eine echte Erfolgsstory, so scheint es. Zumal Filialleiter:innen in den Kommentaren zum Beitrag erklärten, sie wollten die Automaten „in meiner Filiale niemals missen wollen“ bzw.: „[I]ch kann es mir nicht mehr ohne vorstellen.“

Der Self-Checkout hat in den vergangenen Jahren im deutschen Einzelhandel eine ganze Reihe an Fans hinzu gewonnen. Selbst Bio-Fachhändler Alnatura probiert die Technologie seit kurzem aus: in einer Filiale Mannheim. Auf LinkedIn erklärte das Unternehmen bereits kurz darauf:

„Der Test läuft so gut, dass wir ihn jetzt auf weitere Märkte ausweiten.“

Und in Österreich, wo Lidl in Salzburg gerade die ersten Self-Checkouts in seinen Märkten installiert, soll die Selbstbedienung beim Kassieren nach Angaben des Unternehmens bis 2028 „flächendeckend im Einsatz sein“.

Dazu kommen aber mindestens genauso viele Kritiker:innen, die vor den (angeblichen) Risiken der Technologie warnen: Arbeitsplatzabbau, unterschwellige Verführung der Kund:innen zum Diebstahl, wachsende Inventurdifferenzen.

Eines der Hauptprobleme des Self-Checkouts wird bislang aber kaum öffentlich diskutiert: die oft wenig gelungene bis stümperhafte Praxis-Umsetzung, die mit allerlei Hindernissen dafür sorgt, dass sich auch die Kundschaft in zwei Lager spaltet – begeisterte Nutzer:innen und kategorische Ablehnener:innen. Denn oftmals sind die SB-Kassen tatsächlich nerviger, komplizierter und umständlicher zu bedienen, als sie es eigentlich sein müssten.

Drei Beobachtungen aus dem SB-Kassieralltag.


1. Zu nervig: Im Discounter

Morgens früh, eine halbe Stunde nach Ladenöffnung im Aldi-Süd-Markt in der Kölner Innenstadt ist die Welt für die meisten Kund:innen schon nicht mehr in Ordnung: Arglos wollen sich viele bloß ein schnelles Frühstück zu Beginn ihres Arbeitstags mitnehmen. Doch am Ladenende bleiben sie stutzend stehen: alle Kassen sind geschlossen – also: die echten. Stattdessen schickt der „Erfinder von Günstig“ die Kundschaft links in einen Gang, wo sie eng nebeneinander stehenden Maschinen selbst beibringen müssen, was sie nach dem Bezahlen sofortzuverzehren gedenken.

Acht SB-Kassen auf einmal sind dort geöffnet, und weil den viel zu hoch platzierten Deckenhänger überm Eingang („Selbst scannen & bezahlen – Bar- & Kartenzahlung möglich“) offensichtlich niemand liest, versichert das Filial-Team auf Augenhöhe am Eingang über der dazu gerollten Impulskaufware (Mikado, BiFi, Protein-Drinks) nochmal handschriftlich:

„Barzahlung möglich / cash payment possible“

Barzahlung möglich, aber gescannt werden musst selbst: SB-Pflicht-Test bei Aldi Süd in Köln; Foto: Smb

Der für die Aufsicht zuständige Mitarbeiter ist nicht nur damit beschäftigt, zu ratsuchenden oder fehlerproduzierenden Kund:innen an den jeweiligen Scan-Platz zu eilen, um die dort aufpoppenden Probleme zu lösen; er sortiert zwischendurch auch die stehen gelassenen Einkaufskörbe weg und entfernt nicht mitgenommene Kassenbons, um – wenn der Andrang gerade nicht so groß ist – nebenbei noch beim Regaleinräumen zu helfen.

Zu den Hauptbeschäftigungen gehört an diesem Morgen allerdings, den baffen Kund:innen zu erklären, dass sie wirklich an eine Selbstbedienkasse gehen müssen, weil keine andere auf ist; um kurz darauf dann doch eine reguläre Bedienkasse zu öffnen, weil jemand einen Gutschein kauft oder eine Reklamation abwickeln möchte, was offensichtlich nur dort möglich ist – und augenblickliches Schlangestehen weiterer Kund:innen nach sich zieht, die nach Kassierbedienung gieren.

Und denen dann wieder beigebracht werden muss, dass sie bitte an die SB-Kasse gehen sollen – teilweise unter lautstark geäußertem Protest („Das find ich gar nicht gut vom Aldi!!!“).

Es ist eine kuriose Choreographie, die sich da abspielt – und um kein Geld der Welt würde ich mit dem Mitarbeiter tauschen wollen, der sich bis neun Uhr morgens schon so viele Schroffheiten hat anhören dürfen, dass es eigentlich für einen ganzen Tag reicht.

Ob es sich bei der hier durchexerzierten SB-Pflicht um einen offizielle Anordnung handelt, mit der abgeprüft werden soll, wieviel Effizienz sich noch zusätzlich aus so einer Stadtfiliale herausquetschen lässt, wenn man statt einer Bedienkasse eine Staffel Self-Checkouts offen hält, oder ob das Chaos durch Personalknappheit und Schusselei zu erklären ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Für ersteres spricht allerdings, dass auch „RP Online“ über verärgerte Aldi-Kund:innen aus Düsseldorf berichtet, die sich an die SB-Kasse „gezwungen“ fühlen. Die Handelskette wollte sich dazu nicht konkret äußern und verschanzt sich hinter Allgemeinheiten („Ziel von Aldi Süd ist es, das Einkaufserlebnis kontinuierlich einfacher und moderner zu gestalten. Daher optimiert das Unternehmen täglich Prozesse und Abläufe in allen Bereichen“).

Eins ist aber klar, nämlich: Effizient ist am Aldi-SB-Kassen-Zwang gar nichts.

Zum einen, weil es dem verantwortlichen Mitarbeiter kaum möglich ist, sämtliche parallel laufende Kassiervorgänge im Auge zu behalten, geschweige denn zu überprüfen, wenn er nebenbei noch anderes zu tun hat. Die Inventurdifferenz alleine des zuvor beschriebenen Morgens dürften gewaltig sein, sei es bloß, weil Erstnutzer:innen mit dem korrekten und vollständigen Scannen ihres Einkaufs überfordert waren.

Und zum anderen, weil der Selbstabkassierzwang bei einer nicht unerheblichen Zahl an Aldi-Kund:innen so viel Ärger und Ablehnung produziert, dass das weder der Einkaufstreue noch dem Ruf des Händlers zuträglich sein kann, der sich sonst in Werbekampagnen damit schmückt, den Einkauf „so einfach“ wie möglich zu gestalten.

Vor allem aber stärkt es Vorbehalte gegenüber Self-Checkout-Lösungen – insbesondere bei Kund:innen, die sich damit lieber nicht auseinander setzen wollen und bereit sind, stattdessen an einer Bedienkasse etwas länger Schlange zu stehen.

Wenige Meter neben der Kölner Aldi-Filiale verspricht auch Rivale Lidl, den Einkauf „schnell & einfach“ abwickeln zu können – mit einer ganzen Batterie an SB-Kassen „exklusiv in dieser Filiale“, im Keller der Neumarkt Galerie. Weil früh morgens noch nicht ganz so viel Betrieb ist (und die Mitarbeitenden teilweise mit Reinigungsarbeiten beschäftigt sind), ist der Zugang zur Hälfte der sechzehn (16!) Self-Checkouts abgeriegelt. Bei den übrigen muss man genau hinsehen, um sich richtig zu positionieren.

Abgesperrte SB-Kassen bei Lidl in der Kölner Innenstadt; Foto: Smb

Weil die Summe meines Pfandbons höher ist als die der eingescannten Brötchen fürs Frühstück und ich deswegen ein paar Cent zurückbekomme, streikt die Kasse, die – mein Fehler – anders als die gegenüberliegenden kein Bargeldmodul eingebaut hat: nur Kartenzahlung möglich. Die freundliche Kassenaufsicht kommt, annulliert den Scanvorgang und produziert eine „Bonrückstellung“, die ich an der Kasse auf der anderen Seite mitnehmen und scannen kann, wo augenblicklich eine weitere Fehlermeldung produziert wird:

„Zahlung. Bitte Warten. es ist eine Kontrolle durch die Kassenaufsicht erforderlich“,

steht da. Und mit Nachdruck nochmal darunter:

„Bitte warten. Die Kassenaufsicht kommt zu Hilfe.“

Um auszuschließen, dass ich mir die 11 Cent, die als Rückgabe fällig sind, irgendwie ertrickst habe, ist erneut ein Eingriff des Personals nötig. Nach der Freigabe erhalte ich den dritten Papierbon dieses Einkaufs, den ich anschließend benötige, um den darauf gedruckten Code am Ausgang zu scannen und durch die Schranke gelassen zu werden.

„BITTE WARTEN“, die Kassenaufsicht kommt gleich zur Hilfe; Foto: Smb

Und so logisch jeder einzelne Schritt in diesem Ablauf für sich genommen auch sein mag: Schneller & einfacher wird der Einkauf im Discounter durch all die möglichen Stolpersteine gewiss nicht. Sondern bloß sehr viel Loriot-hafter.


2. Zu kompliziert: Bei Edeka

Die gute Nachricht für SB-Fans: Bei Neueröffnungen der größten Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover gehören Self-Checkouts inzwischen quasi zum Standard. Und die schlechte: Das Konstrukt dafür ist Marke Eigenbau. Deshalb sind in zahlreichen Märkten inzwischen SB-Apparaturen verbaut, gegen die jede Kirmesbude wie ein Ort der Zen-Meditation wirkt.

Selbst gescannt wird in Zahl-Separeés, bei denen der Touchscreen in eine schwarze Rückwand eingelassen ist, von der man mit Zusatzhinweisen und Schrott erschlagen wird: „So einfach geht’s“, behauptet eine Bedienungsanleitung auf der linken Seite; „Hier können Sie helfen“, verlangt eine Hinweis weiter unten und ringt um Aufmerksamkeit für den E-Bon mit separater Nutzungsanleitung; direkt am Bezahlterminal wirbt ein Störer für die Edeka App: „Einfach. Mehr. Sparen“.

Auch die Papiertüten ganz unten brauchen einen ergänzenden Hinweis: „Erst scannen. Dann eintüten.“ (Also: die Tüte, nicht den Einkauf!) Rechts vom Touchscreen drängt sich die Impulskaufware auf: Nimm noch Kaugummi mit, Schokokriegel, Minzbonbons! „Ihr Coupon“ und „Entwertete Pfandbons“ werden links oben in separate Schlitze eingeworfen – damit ist endgültig garantiert, dass Kund:innen im Rollstuhl vom Selbstabkassieren ausgeschlossen sind.

Dazu signalisieren farbig leuchtende Trennwände zwischen den Plätzen, ob eine Kasse benutzbar ist (leuchtet rechts davon grün) oder nicht (leuchtet rechts davon rot). Manchmal leuchtet aber auch einfach irgendwas blau.

Gegen die Edeka-SB-Kassen wirkt jede Kirmesbude wie ein Ort der Zen-Meditation; Foto: Smb

Was für ein Glück, dass zumindest die Dachaufschrift („Edeka SB-Kasse“) zwischenzeitlich entschlackt wurde und nun auf die bisherigen Hinweise „Bequem BARGELDLOS bezahlen“ und „Cash oder bargeldlos bezahlen“ (was an Kassen ohne Bargeld-Modul ohnehin bereits notdürftig abgeklebt war) verzichtet.

Anstatt das SB-Kassieren möglichst störungsfrei zu gestalten, hat sich Edeka dazu entschieden, Plapperwände der Ablenkung in seine Läden zu bauen – eine perfekt dahindilettierte Beeinträchtigung des eigentlichen Kassiervorgangs, dem man auf dem Touchscreen zu folgen hat. Die Wahrscheinlichkeit, dabei irgendwas falsch zu machen, erhöht sich so – ohne echten Nutzen – exponentiell.

Viele selbständige Edeka-Kaufleute haben glücklicherweise die Entscheidungsfreiheit, in ihren Läden weniger komplizierte Self-Checkout-Varianten einzubauen – so wie in dem Ostsee-Edeka, wo ich neulich in weiser Voraussicht bei der Mitarbeiterin an der durchweg vorbildlich gepflegten Salattheke erfragte, wie ich meinen SB-Salat bereits vorab abwiegen kann, um spätere Self-Checkout-Komplikationen zu vermeiden.

Es war ganz einfach: Plastikschale auf die Waage in der Obst-Abteilung stellen, „Unverpackt“ auswählen (?) und anschließend eine der ausgedruckten und neben den Screen getackerten vierstelligen PLU-Nummern auf dem Zahlenfeld eingeben (Vorsicht, nicht die Mehrweg-Numnmer nehmen!), Barcode ausdrucken – fertig. Wie auch sonst?

Immerhin ging’s so an der SB-Kasse nachher extra zügig, und darauf war ich so stolz, dass ich nach dem Bezahlen direkt die ausgegebenen Bons in meine Tasche stopfte, um zügig die gekaufte Ware draufzupacken, mich umzudrehen – und vor verschlossener Schranke zu stehen: Bitte jetzt den ausgedruckten Code scannen, um ausgelassen zu werden.

Auslass nur mit Bon – und wehe, der ist schon irgendwo tief in der Tasche vergraben; Foto: Smb

Weil viele Kund:innen hier gar nicht regelmäßig einkaufen, sondern bloß im Urlaub, entsteht vor der Auslassschranke regelmäßig ein kleiner Stau an nervös nach ihrem Zweitkassenbon suchenden SB-Nutzer:innen. Und ich weiß ja nicht, aber: Müsste sich das im Jahr 2024, in dem wir dem Papst von Künstlicher Intelligenz die irrsten Klamotten anziehen lassen können, nicht besser lösen lassen, ohne den Diebstzahlschutz dabei zu vernachlässigen?

Ja, na klar: zum Beispiel – bei Edeka!

Im Anfang des Jahres neu eröffneten Edeka-Markt der Kaufmannsfamilkie Stengel in der Nürnberger Innenstadt erkennen laut „LZ direkt“ Sensoren automatisch, „wer an den SB-Kassen bezahlt hat und öffnen die Ausgangsschranke. Das Scannen des Bons entfällt also, und der Markt hat Diebstahlschutz.“ Das ist weniger ein „Technik-Gadget“, wie „LZ direkt“ meint, sondern vielmehr eine dringend notwendige Investition, um die eigene Kundschaft nicht in den Bon-scannenden Wahnsinn zu treiben. Es muss sich in der Kaufmann- und frauschaft (sowie bei allen anderen Handelsketten) nur noch herumsprechen.


3. Zu umständlich: Im Ausland

Mit diesen Umständlichkeiten ist der deutsche LEH natürlich nicht alleine. Britische Kund:innen können ganze Choräle von zickigen SB-Kassen im Supermarkt singen, die ihnen schon vor vielen Jahren immerzu vorgeworfen haben, „unexpected items in the bagging area“ zu platzieren. (Seit der Abschaffung der Kontrollwaage wird das seltener.) Einige Händler haben inzwischen eingeräumt, mit dem SB-Kassen-Ausbau womöglich „zu weit“ gegangen zu sein: Morrisons und Asda wollen den Fokus wieder stärker auf Bedienkassen richten. Laut BBC gibt es in Großbritannien derzeit rund 80.000 Self-Checkouts.

Aber das Ausmaß mancher Gedankenlosigkeit bei der SB-Kassen-Installation ist weiterhin atemberaubend: zum Beispiel auch in Österreich.

Viele Platz zum SB-Kassieren im Billa to Go, aber Rabatte auf Ultrafrische braucht doch wieder Personal; Foto: Smb

Der neue Billa-to-Go-Flagship-Store in Wien z.B. verfügt nicht nur über zahlreiche Kassen zur Selbstbedienung, um zügig ein Lunch mitnehmen zu können – sondern angesichts des hohen Ultrafrische-Anteils im Sortiment auch über viele Artikel (z.B. Sandwiches und Salate), die wegen des herannahenden Verzehrdatums um 10 bis 30 Prozent im Preis gesenkt sind.

Leider ist bei der Rewe-Tochter niemand auf die Idee gekommen, beides miteinander harmonieren zu lassen: Im Preis herabgesetzte Artikel konnten (zum Zeitpunkt meines Einkaufs) nur unter zusätzlicher Assistenz des auf der Fläche eher spärlich eingesetzten Personals am Self-Checkout bezahlt werden, weil der Rabatt jedes Mal händisch (!) eingetippt werden musste.

In einer Bahnhofsfiliale schickt Billa die Nutzer:innen seiner dort inzwischen sehr zahlreich verbauten SB-Kassen derweil zurück an den Ladeneingang, um dort an einer separaten Waage nachträglich die Bananen abzuwiegen, weil das der superschlanke und moderne Self-Checkout-Kiosk nicht (mehr) kann. (Bis dahin bleibt der Platz mit dem angefangenen Einkauf blockiert.)

SB-Kassen gehören auch in vielen Billa-Filialen inzwischen zum Standard; Foto: Smb

Pfandbons akzeptieren die Kassen auch nicht, ohne dass vorher ein:e Mitarbeiter:in anrückt, die den Scan genehmigt und verlangt, dass man den Bon in den richtigen Schlitz dafür einwirft, den es unter einer Vielzahl dagelassener Vorgänger-Bons erstmal zu finden gilt. (Samstagabends besonders abenteuerlich.)

Wettbewerber Spar macht’s anders kompliziert: Wer ein Getränke-Sixpack scannt, wird von der SB-Kasse aufgefordert, die „Einzelflaschen“ einzugeben – und kriegt, wenn er nachlässigerweise „6“ entippt, sechs volle Sixpacks in Rechnung gestellt. Kassenaufsicht, bitte! Ach so, und: Dann gleich nochmal, weil die ja auch das Alter kontrollieren muss, wenn etwa alkoholfreies Bier gekauft wird. „Ist einfach so“, sagt der Mitarbeiter schulterzuckend und kann sich’s auch nicht erklären.

„Express Kassa“ bei Spar in Wien; Foto: Smb

Im Prager City-Tesco wurde ich vor der Restkundschaft derweil offiziell für Plemplem erklärt, als ich so leichtsinnig war, den unten auf dem Sixpack aufgedruckten Barcode an der SB-Kasse zu scannen – und der auf Tschechisch über die verdammten Tourist:innen fluchende Kassierer zeigte mir, wie man’s richtig macht: Sixpack aufreißen, Einzelflaschen-Barcode scannen, „6“ eintippen – zahlen. Ist doch klar.

Wie kann man bei soviel Action nicht zum überzeugten Selbstabkassier-Fan werden?


4. Die Abrechnung

Der Self-Checkout im Lebensmitteleinzelhandel hat ein Problem: Er ist oft eher gut gemeint als gut gemacht. In einigen Fällen hat man das Gefühl, dass Händler die Benutzer:innenführung der von ihnen angeschafften Systeme nie selbst auf ihre Praxistauglichkeit überprüft haben – und es auch keinerlei Feedback-Möglichkeiten für Mitarbeitende gibt, die dank regelmäßiger Aufsicht sehr genau wissen, welche Pannen und Umständlichkeiten die Maschinen bei ihrer Bedienung durch Menschen produzieren bzw. wie sie sich abstellen ließen.

Kund:innen müssen – je nach Einkaufsort – immer wieder aufs Neue lernen, wie die SB-Kassen funktionieren: Gibt es eine Kontrollwaage? Wie reibungslos läuft die Pfanderstattung ab? Wieviele Bonuskarten-Aufforderungen müssen weggeklickt werden? Brauche ich einen Papierbon, um nicht im Laden eingesperrt zu bleiben usw.?

All das führt dazu, dass Self-Checkouts längst nicht so effektiv funktionieren wie sie es eigentlich könnten. Und dass manche Kund:innen – nicht alle, aber auch keine kleine Zahl – eine tiefsitzende Abneigung gegen die Systeme entwickeln, die ihnen weniger als Einkaufsbeschleuniger in Erinnerung bleiben, dafür aber umso mehr als Gängelungsinstrument, das ihrem Einkauf im Zweifel zusätzliches Frustrationspotenzial hinzufügt.

Im Moment ist der Handel nicht nur dabei, in großem Stil Selbstbedienlösungen in seinen Läden einzuführen – sondern diese auch direkt in Verruf zu bringen.

(Schauen Sie mal in die leeren Gesichter der Kund:innen, die bei Lidl an der einzigen geöffneten Bedienkasse stehen gelassen werden, wenn die gleichzeitig für die Aufsicht der gegenüber stehenden SB-Automaten zuständige Kassenkraft ihren Platz verlässt, um dort Fehler zu beheben.)

Wenn Handelsunternehmen den Self-Checkout als dauerhafte Lösung für ihre Kund:innen etablieren wollen, müssen sie sehr viel mehr Energie als bisher investieren, um deren Nutzung so einfach zu gestalten, wie es die Werbeversprechen heute schon vorlügen: Abläufe besser durchdenken, die Bedienung intuitiver gestalten und Irritationen soweit wie möglich abbauen, anstatt immer neue zu schaffen.

Eigentlich wäre das so naheliegend wie einfach. Nur der LEH hat es in vielen Fällen noch nicht begriffen.

Kennen Sie weitere originelle SB-Kassen-Stolpersteine aus dem eigenen Einkaufsalltag? Dann teilen Sie die doch mit uns in den Kommentaren!

Mehr übers Einkaufen in österreichischen Supermärkten steht übrigens demnächst wieder im Supermarktblog Österreich Special – Unternehmen, die sich darin als Content-Partner positionieren wollen, finden an dieser Stelle weitere Informationen. Ein Platz ist noch frei!

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